Kubanischer Synkretismus

Persönliche Anmerkung zu afrokubanischen Kulten

Die Menschen afrikanischer Herkunft in Kuba stammen hauptsächlich aus Westafrika.
Insbesondere waren es jedoch die letzten Sklavenlawinen des 19. Jahrhunderts, die die Transkulturation der Religionen bewirkten, und zwar aus historischen Gründen: die letzten Sklaven vom Yoruba-Stamm der Lucumi, die nach Kuba kamen, konnten ihre Sprache, ihre Sitten und Bräuche und ihren Glauben behalten. Da die Christianisierung der Yoruba-Region im afrikanischen Nigeria erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts stattfand, besaßen diese Sklaven noch eine zusammenhängende Mythologie, unberührt und unbefleckt von irgendeinem europäischen Glauben.
Die andere Sklavengruppe, die wegen ihrer Zahl und ihres Einflusses genau-soviel Bedeutung wie die Yorubas in der kubanischen Gesellschaft erlangten, waren die Kongos von den Bantu-Stämmen.

Die Yorubas brachten eine Mythologie mit ohne Bindung an spezifische Regionen und mit universalen Archetypen. So nahm der Bantu-Kult mit der Zeit den förmlicheren und komplexeren Rahmen der Yoruba-Mythologie mit in seine Riten und Zeremonien auf. Da jede Yoruba-Gottheit mehr als eine Offenbarung oder Äußerung hat, entweihte die Übernahme eines anderen Bildes die Identität der Gottheit nicht. Im Gegenteil: die Verschmelzung bedeutet für den Yoruba, dass sein Gott in der Tat allmächtig und allwissend ist.

Zur Frage, wie der Synkretismus zwischen dem Yoruba- und dem Christlichen Glauben entstehen konnte, ist oft behauptet worden, dass die Yorubas freiwillig und ganz bewusst diese Verschmelzung eingegangen sind.

Die meisten meiner kubanischen Freunde behaupten aber, dass das so nicht stimme, vielmehr sei es folgendermaßen gewesen: Als die Yorubas als Sklaven nach Kuba kamen, wurde ihnen die Ausübung ihrer Religion von den spanischen Sklavenhaltern verboten und als heidnisch abgetan.

Sie sollten christianisiert werden. Daher ließen sich die schlauen Yorubas etwas einfallen: Sie stellten ein katholisches Heiligenbild bei ihren Zeremonien zur Schau, das alles bestimmte und den Herrschenden weismachte, die Yorubas beteten den Christengott an.

Da der Sklave seine eigenen Götter nicht verehren durfte, begann er unbewusst, eine Ähnlichkeit zu suchen zwischen seinen Gottheiten und den katholischen Heiligen. Wenn ein Yoruba-Sklave Chango anbeten wollte, so tat er das vor der Figur der Heiligen Barbara. Den Sklaven interessierte nicht, dass die Heilige Barbara eine Frau war, ihn interessierten nur die Ähnlichkeiten beider.

So verglich der Sklave seine Götter mit den christlichen Heiligen. Weil die Leute nun diese Ähnlichkeiten zwischen den katholischen Heiligen (Santos) und ihren eigenen Gottheiten sahen, tauften die Yoruba-Nachkommen ihre Religion 'Santeria', die Bantu-Nachfahren ihre 'Regla de Palo', und die Gläubigen wurden 'Santeros' bzw. 'Paleros' genannt.