Das 20. Jahrhundert
Das vergangene 20. Jahrhundert wird aus dem Blickwinkel der Frau reflektiert.
Der tiefgreifende gesellschaftliche Wandel zu Beginn des gerade vergangenen Jahrhunderts wurde nicht nur in der Kunst sichtbar, sondern auch im Verhältnis der Geschlechter zueinander: Nun meldeten sich auch die Frauen zu Wort, formulierten neue Erwartungen an die Zukunft und konnten im Laufe der Zeit unerhört vieles erreichen - den Zugang zu Bildungseinrichtungen, politische Mitsprache, Ausübung qualifizierter Berufe, finanzielle Selbständigkeit usw.
Für jedes Jahr kann mindestens ein frauengeschichtliches Ereignis aufgerufen werden.
achtes Jahrzehnt (1971 - 1980) mit 24 herausragenden Errungenschaften von Frauen
mit 24 herausragenden Errungenschaften von Frauen
1971
Erste Haus für misshandelte Frauen
In London finden sich Frauen zusammen, die das Haus "Chiswick Women's Aid" gründen, um Frauen, die von ihren Ehemännern oder Freunden misshandelt wurden, eine Zufluchtsstätte zu bieten. Ders erste Frauenhaus wurde eröffnet.
In der ersten Hälfte der 70er Jahre entstehen in den Großstädten der westlichen Welt Häuser für geschlagene Frauen: z.B. 1974 in Amsterdam, Sydney oder Glasgow. Auch Beratungsstellen für misshandelte Frauen werden in vielen Städten eingerichtet. Erst 1977 gibt es in Berlin das erste deutsche Frauenhaus.
Auf dem Höhepunkt der Neuen Frauenbewegung in den 70er Jahren erscheinen zwei Bücher, die sich zu Verkaufsschlagern entwickeln und eine ganze Reihe feministischer Publikationen nach sich ziehen: Verena Stefans autobiographischer Roman "Häutungen" und Alice Schwarzers Buch "Der kleine Unterschied und die großen Folgen".
1971
'Manifest der 343 Frauen'
Auf der Titelseite von 'Le Monde' erscheint das 'Manifest der 343 Frauen', die abgetrieben haben.
Nach dem Französischen Vorbild bezichtigen sich in der Hamburger Illustrierten 'stern' 374 Frauen öffentlich der Abtreibung.
1971
Wert der Hausarbeit
Die Forderung nach Bezahlung der Hausarbeit wird erstmalig nach dem II. Weltkrieg wieder öffentlich gemacht.
Die Soziologin Christine Delphi gibt unter dem Titel 'Feind Nr. 1' ihre Analyse zur gesamtgesellschaftlichen Relevanz unbezahlter Hausarbeit heraus. Trotz der außerhäuslichen Erwerbstätigkeit von Frauen gilt die Hausarbeit weiterhin als nicht entlohnbare Frauensache ohne wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Relevanz.
Sie wird weiterhin als Liebesdienst an der Familie in den privaten Bereich abgeschoben.
1972
Es erscheinen feministische Zeitschriften
In Paris und Brüssel "Les Cahiers du Grif", in den USA die überregionale Frauenzeitschrift "MSI". Beiden Blättern ist gemeinsam, dass sie innerhalb weniger Tage vergriffen sind.
1972
Weltweite Solidarität zeigt Wirkung
Die afroamerikanische Bürgerrechtlerin und Feministin Angela Davis wird von der Anklage wegen Mordes und Verschwörung freigesprochen. Seit 1968 setzt sich die Wissenschaftlerin für die Rechte der Farbigen in den USA ein und wird zur Symbolfigur des schwarzen Widerstandes. Sie hatte sich zu ihrem eigenen Schutz Waffen gekauft, die später bei dem Versuch einer Gefangenenbefreiung verwendet wurden. Dabei starben drei Menschen.
1974
45 Minuten lang leere Stühle
Die Fernsehkameras zeigen zur besten Sendezeit 45 Minuten lang leere Stühle.
Der Grund: Das bekannte Politmagazin 'Panorama' muss seinen Beitrag über die schonende Absaugmethode zur Schwangerschaftsunterbrechung absetzen. Daraufhin beschließen alle 'Panorama'-Redakteurinnen, als Zeichen ihres Protestes gegen diese Zensur auch alle anderen Beiträge zurückzuziehen.
1974
§ 218
Der Deutsche Bundestag verabschiedet mit absoluter Mehrheit eine Reform des § 218, ...
... die sogenannte Fristenlösung, die den Schwangerschaftsabbruch innerhalb der drei ersten Monate erlaubt. Gegen diesen Beschluss setzen die Länder Baden-Württemberg und Bayern eine einstweilige Verfügung durch. Im Juni 1975 entscheidet das Bundesverfassungsgericht, dass die Fristenlösung verfassungswidrig ist und setzt sie außer Kraft. Im Juni 1976 kommt es zur Einführung der 'Indikationslösung' bei sozialer Notlage und Vergewaltigung.
1975
In den USA eröffnet die erste 'Frauenbank'
In New York wird die erste von später insgesamt 70 Frauenbanken gegründet. Das Geldinstitut, mitten in Manhatten, verfolgt das Ziel, Frauen den Zugang zu Krediten und zu höheren Positionen zu vereinfachen und dadurch ein Gegengewicht zu bilden zu der Ignoranz der herkömmlichen Banken gegenüber Kundinnen und weiblichen Angestellten.
1975
Prostituierte in den USA gründen eine Selbsthilfeorganisation
In ihren Statuten fordern sie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, ausreichenden rechtlichen Schutz, sowie Rahmenbedingungen, die das Aussteigen aus diesem Beruf erleichtern sollen.
Dem Beispiel der Amerikanerinnen folgen die Engländerinnen und die französischen Prostituierten, die am 01.10.1980 in Genf beim Leiter der Menschenrechtskommission gegen die Nichteinhaltung der UN-Charta zur freien Ausübung ihres Berufes protestieren.
1975
Feministische Bestseller
Auf dem Höhepunkt der Neuen Frauenbewegung in den 70er Jahren erscheinen zwei Bücher, die sich zu Verkaufsschlagern entwickeln und eine ganze Reihe feministischer Publikationen nach sich ziehen: Verena Stefans autobiographischer Roman "Häutungen" und Alice Schwarzers Buch "Der kleine Unterschied und die großen Folgen".
1975
Erste 'Fernsehstreit' unter Frauen
Alice Schwarzer und die Autorin des Buches "Der dressierte Mann" (1971), Esther Vilar, führen im WDR ein Streitgespräch, das in der Öffentlichkeit ein lebhaftes Echo hervorruft. Alice Schwarzer und Esther Vilar gelten als die extremsten Kontrahentinnen der deutschen Frauenbewegung. Esther Vilar zieht mit ihren provokativen Thesen von der Unterdrückung des Mannes durch die parasitäre Frau den Unmut der meisten deutschen Frauen auf sich.
1976
'Mütter des Friedens'
In Nordirland veranstalten die 'Mütter des Friedens' einen Friedensmarsch, an dem ca. 10.000 Frauen teilnehmen.
Vier Tage zuvor wurden drei Kinder Opfer des irischen Bürgerkrieges. Ein Jahr später erhalten die beiden Organisatorinnen Betty Williams und Mairead Corringanden Friedensnobelpreis.
1977
'Emma' - feministische Zeitschrift
Eine weitere feministische Zeitschrift erscheint in Deutschland: 'Emma'.
Alice Schwarzer startet mit einer Auflage von 200.000 Exemplaren.
1977
Protest der Mütter der Verschwundenen
In Buenos Aires gehen die Angehörigen der Opfer der Diktatur auf die Straße. Sie tragen Schilder mit den Namen der Mörder und Folterer ihrer Ehemänner, Kinder und Eltern. Die Gruppe der Frauen, die mit weißen Kopftüchern und Transparenten protestiert, wird von Woche zu Woche größer. 1979 schließen sich Frauen aus ganz Argentinien zu dem Verein "Mütter der Plaza de Mayo" zusammen.
1978
"Wir erobern uns die Nacht zurück"
In Deutschland demonstrieren Frauen gegen Vergewaltigung.
Unter dem Motto "Wir erobern uns die Nacht zurück" finden in zahlreichen Städten Walpurgisnachtdemonstrationen statt, um gegen Vergewaltigung und Gewalt gegen Frauen zu protestieren. Durch diese Aktion soll dem Schweigen über Vergewaltigung - auch der in der Ehe - ein Ende gesetzt werden.
1978
Kampagne gegen Pornografie
Deutsche Frauen starten eine Kampagne gegen Pornografie.
Die Redakteurinnen der Zeitschrift 'Emma' erstatten Anklage gegen den 'stern' wegen Diskriminierung im Rahmen des § 823 BGB, da auf "seinen Titelseiten Frauen als bloße Sexualobjekte dargestellt werden". Gleichzeitig appellieren sie an den Deutschen Presserat, dem 'stern' eine Rüge zu erteilen. Die Klage wird jedoch am 26. Juli abgewiesen. Der Deutsche Presserat erklärt die Klage am 4. Oktober für unbegründet.
1978
Geburt des ersten Retortenbabys
In einer Londoner Klinik wird Luise Brown geboren, das erste Baby aus dem Reagenzglas. 1982 wird in Erlangen das erste Retortenbaby in Deutschland zur Welt gebracht.
1979
Das erste Mal steht in Europa eine Frau an der Spitze
Margaret Thatcher wird Premierministerin des Vereinten Königreiches (UK - England, Schottland, Nordirland und Wales). Die Politik der konservativen Regierungschefin ist heftig umstritten. Durch ihren harten Kurs in der Außen- und Innenpolitik treten die Gegensätze in der britische Gesellschaft immer deutlicher hervor. Ihre unnachgiebige Haltung im Falklandkrieg (1982) bringt ihr den Beinamen 'Eiserne Lady' ein.
1979
Frauen-Anklage gegen die Lohndiskriminierung
29 Arbeiterinnen im Ruhrgebiet erheben Anklage gegen die Lohndiskriminierung.
Die Klage der Frauen aus Gelsenkirchen löst bundesweit eine Sensibilisierung für die Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt aus.
1980
Das afgnanische Schulmädchen NAHEED
löst die erste Protestaktionen gegen die Invasion der Sowjets in Afghanistan aus.
Als 1980 in Kabul eine Gruppe von staatlichen Würdenträgern bei den Feierlichkeiten zum 2. Jahrestag der Revolution an spalierstehenden Schulmädchen vorbeiziehen, schreit eine von ihnen - Naheed - ihren Protest laut heraus.
Zum Schluß liegen 70 Tote auf der Straße und die Widerstandsbewegung der Afghanen hat eine moderne Malalay (Die 17jährige Malalay hatte 1880 die zaudernden afghanischen Truppen zum Sieg gegen die britische Armee geführt.)